Bamberg: Fauler Kompromiss zur Sperrzeitverlängerung

Am 23.02.2011 tagte der Bamberger Stadtrat in den Harmoniesälen, um über die Ausdehnung der Sperrzeit von 5-6 Uhr auf 3-6 Uhr am Wochenende und 2-6 Uhr unter der Woche zu entscheiden. Es versammelten sich mehrere hundert Demonstranten vor dem Gebäude um anzumahnen, dass das grob Realitätsfern und kontraproduktiv ist.

So wie mehrere Dutzend andere habe ich die Sitzung knappe 2 Stunden selbst im Sitzungssaal verfolgt; der Tagesordnungspunkt der eigentlich Nummer 6 an diesem Tag war, wurde aufgrund des gigantischen öffentlichen Interesses bereits auf den Beginn um 16 Uhr vorgezogen.

Die anwesenden Polizeisprecher versuchten mit einer dramatisierenden PowerPoint-Präsentation einen Zusammenhang zwischen der bestehenden kurzen Sperrzeit und einem Anstieg alkoholinduzierter Straftaten seit dem Inkrafttreten 2005 zu zeigen, wofür ausschließlich böse aussehende aber de facto wertlose prozentuale Angaben benutzt wurden. Im Prinzip wurde gezeigt, dass in Bamberg ein Anstieg solcher Delikte in der Innenstadt in einem Zeitraum von 2 Stunden in der Nachtzeit um ca. 80% zu verzeichnen war. Auffällig fand ich aber erstens, dass dieser Trend im gesamten Bayern ähnlich verlief, also nicht nur Bamberg selbst betrifft, und zweitens dass kein Vergleich zu anderen Universitätsstädten ähnlicher Größe gezogen wurde; es ist also jedes Kuhdorf in die bayernweite Statistik eingeflossen (ja, auch Gunzendorf! :-).

Beobachtet wurden 2005-2010 rund 1500 Straftaten, was im Mittel 300 pro Jahr oder 5,7 Delikte (darunter auch Beleidigungen gegen Polizeibeamte) bedeutet. Diese 5,7 Störenfriede (= Zuwachs um etwa 2,5 Delikte) pro Woche auf Bambergs Straßen wurden benutzt, um tausendenden friedlichen Gaststättenbesuchern jede Woche den schwarzen Peter zuzuschieben.

Die Gegenseite argumentierte Sachlich und korrekt, dass das Problem nicht im Gaststättenbesuch an sich liegt – wer in der Gaststätte ist, macht keinen Lärm auf der Straße. Es besteht für einige Straßen bereits ein Verweilverbot zur Nachtzeit bei gleichzeitigem öffentlichen Alkoholkonsum, was aber nicht durchgesetzt wird – Kontrollen auf der Straße wären zielführender.

Der viel Zitierte „Kompromiss“ den die Herren Stadträte daraufhin beschlossen, besteht darin, dass die Sperrzeit unter der Woche wie geplant auf 2-6 Uhr und am Wochenende „nur“ von 4-6 Uhr ausgedehnt wird, um jeweils eine Stunde am Freitag und Samstag weniger also. Dieser „Kompromiss“ ist in meinen Augen purer Aktionismus – es musste „irgendwas“ beschlossen werden, um das Volk zu beruhigen. Infolge der Diskussion wurde vom Stadtrat zwar festgehalten, dass man sich mit dem Problem eigentlich zunächst mehr auseinandersetzen und noch mehr Seiten hören muss; verschoben – wie es in meinen Augen angebrachter gewesen wäre – wurde die Entscheidung aber trotzdem nicht.

Hier noch einige Impressionen:

 

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